Ruta 40 oder wie wir im Bachbett landen

RoadTrip-GirlArgentinien, Offroad, Welt bebummeln/Reisetagebuch 8 Comments

Wir stehen vor der Grenze zu Bolivien bei La Quiaca und entscheiden uns, noch ein wenig in Argentinien zu bleiben. So entschliessen wir uns, von La Quiaca nach Susques zu fahren und das alles auf der ursprünglichen Ruta 40.

Valle de la Luna/ Rally Dakar 2017

Ein Streckenabschnitt führt offiziell durch ein Flussbett. Durch einen Canyon. Links und rechts ragen meterhohe Felsformationen in den Himmel und wir mittendrin. Ein wenig bizarr das Ganze. Unvorstellbar wenn wir es nicht selbst erlebt hätten. Elf Kilometer lang geht es so. Aus dem Flussbett raus, geht es an farbigen Bergen vorbei, und irgendwo sehen wir eine Tafel, auf der steht, dass die Rally Dakar 2017 hier durchging. Yeah, wir fahren die Dakarstrecke mit unserem VW Bus!

Flussdurchfahrt

Immer wieder führt der Weg über einen Bach oder Fluss.So ahnen wir nichts Böses, als wir an einer Kreuzung stehen, wo drei Wege weggehen und unser Navi den Weg über den Fluss anzeigt.

Voller Tatendrang geht es auf die erste Sandbank. Dort sehen wir, dass auf der anderen Seite Reifenspuren sind, doch da rüber kommen wir nicht, da der Fluss einen tiefen Graben hinterlassen hat, den wir nicht überwinden können. So suchen wir uns in der Nähe eine Überfahrt. Schnell haben wir eine gefunden und es geht weiter. Drüben angekommen, sind links und rechts Stachelbüsche, doch kein Problem, da vor uns alles frei ist. (Nicht wie zu Beginn unserer Reise auf der Ruta 1.)

Wir wissen wo ungefähr die Strasse sein müsste und halten uns an die Richtung. Anfangs kommen wir auch gut voran, doch wir spüren immer mehr, wie Stitch zu kämpfen hat. Es wird sandiger und feuchter. Wir haben im Vorfeld schon Luft aus den Reifen gelassen doch das nützt nur bedingt etwas. Irgendwann geht es nicht mehr weiter. Stitch sinkt ein. Nicht durch zuviel Gas oder Eigenverschulden. Die Oberfläche ist knochentrocken, doch das Wasser fliesst unterirdisch weiter. Durch das Gewicht von unserem Dicken, brechen wir auf einer Seite durch die obere Schicht und landen im Wasser. Somit geht es weder vorwärts noch zurück.

Ausbuddeln ist angesagt

Uns bleibt nichts anderes übrig als unseren Stitch auszubuddeln. Es ist 13.00 Uhr, die Sonne brennt und wir sind auf über 4000 MüM. Jede Schaufel voll Sand wird von lautem Schnaufen begleitet weggekippt. Es ist anstrengend! Normales ausbuddeln ist schon anstrengend, doch unter diesen Bedingungen ist es noch einen Ticken anspruchsvoller.

Drei Stunden später

Drei Stunden später sind wir nun zwei Meter weiter gekommen… und stehen noch mehr im Wasser.

Wir erkunden die Umgebung und entdecken die Strasse 50 Meter von uns entfernt. Motiviert gehen wir wieder zurück, mit dem Gedanken, dass es ja nicht weit bis zur Strasse ist. Mister RoadTrip holt eine massive Eisenstange raus. Er gräbt sie auf festem Untergrund ein, lässt das Seil von der Winde, macht es um die Stange und wir schauen uns hoffnungsvoll an. Denkste! Die Eisenstange knickt wie ein Strohhalm… Die Büsche sehen nicht sehr stabil aus. Trotzdem versuchen wir es und nach ungefähr 500 rausgezogenen Büschen, geben wir auf!

Hilfe holen?

Hilfe holen ist angsagt. In den drei Stunden die wir am buddel waren, ist uns kein Mensch begegnet. Das nächste Dorf ist 10 Kilometer entfernt. So schultern wir unseren Rucksack und marschieren los. Wir haben Glück! Keine zwei Minuten später kommt ein Pickup angefahren. Die ganze Familie inklusive Hund und Katze steigt aus und laufen mit uns zu unserem Stitch. Sie schauen uns ungläubig an und fragen uns, was wir im Flussbett wollen? Wir erklären ihnen, dass unser Navi uns hierher gelotet hat. Sie lachen ein wenig verhalten, sie wollen uns nicht offensichtlich blossstellen, und zeigen auf eine neue Strasse hinter ihnen, die locker durch das Flussbett führt. Ja, ja… kann man als NICHTEINHEIMISCHER nicht wissen…

Der Familienvater versucht mit seinem Pickup sich einen Weg zu unserem VW Bus zu bahnen, doch der Untergrund ist zu weich. Er gräbt sich selbst fast ein und nur mit unserer Hilfe kommt er wieder heil raus. Er nimmt das Handy raus und telefoniert mit einem LKW Chauffeur. Er beendet das Gespräch und strahlt uns an. Er meint dann, wir sollen uns keine Sorgen machen, er habe einen LKW bestellt. Der würde in etwa einer Stunde hier sein und uns rausziehen. Wir bedanken uns und warten nun also auf den LKW.

Weitere drei Stunden später

Wir warten immer noch auf den LKW! In der Zwischenzeit haben wir Besuch von einem alten, kleinen Lamahirten. Keine Zähne mehr im Mund und die Backen voller Kokablätter, erzählt er uns seine Lebensgeschichte. Er hat in uns gute Zuhörer gefunden, denn wo wollen wir auch hin! Irgendwann verabschiedet er sich dann doch, da er seine Lama einfangen muss, damit der Puma sie nicht reissen kann.

Wir glauben nicht mehr, dass der LKW wirklich kommt und stellen uns darauf ein, in Schräglage zu schlafen. Was bleibt uns auch anderes übrig…

Da hören wir aus der Ferne ein Fahrzeug. Es kommt in unsere Richtung! Das zweite Fahrzeug seit sechs Stunden! Sie haben uns entdeckt und halten an. Drei Männer kommen auf uns zu, lachen sich fast kaputt als sie uns sehen und fragen, was wir im Flussbett machen, ob wir hier übernachten wollen. Ja klar, wir haben uns nur deshalb hier festgefahren, damit wir in Schräglage übernachten können! Ich verstehe es, dass sie es lustig finden, doch nach sechs Stunden buddeln, laufen und warten, vergeht einem der Humor ein wenig. Doch da sie so herzaft lachen, stimmen wir bald darauf auch mit ein. Der Jüngere von den Dreien, will nun unbedingt mit seinem Pickup näher ran fahren, damit er uns einen Ankerpunkt setzen kann für unsere Seilwinde. Wir warnen ihn, dass der Untergrund bis zu dem festen Untergrund aber sehr weich sei. Er meinte nur, dass mit genug Schwung, das kein Problem sei. Falls er steckenbleibe, müsse sowieso ein Traktor für uns kommen und der könne ihn dann auch rausziehen. Ach ja, und sein Allrad sei leider auch defekt, daher stehen die Chancen 50:50.

Er holt Anlauf, gibt Vollgas und… Er schafft es tatsächlich auf den festen Untergrund. Schnell werden vom Älteren der Drei passende, grosse Steine gesucht, die er vor die Vorderräder legt, damit noch zusätlich gebremst wird.

Mister RoadTrip macht nun das Seil der Winde vorne am Pickup an, geht zurück zu Stitch und nun wird das Seil langsam angezogen. Im ersten Moment kommt der Pickup ins Rutschen. Er kommt immer näher auf uns zu. Gleichzeitig auch der weiche Untergrund auf den Pickup. Doch die grossen Steine finden Halt, der Pickup bleibt stehen und es bewegt sich etwas! Stitch! Erst nur einige Zentimer, dann durch ein wenig Gas geben immer mehr! Zuguter Letzt schiesst er schon fast aus dem weichen, nassen Sand rau, auf den Pickup zu. Doch Mister RoadTrip bremst kurz vor dem Fahrzeug ab und wir alle können endlich freudig aufjubeln!

Es werden Hände geschüttelt, es wird auf den Rücken geklopft und lauter strahlende Gesichter um uns. Wir, weil wir endlich rausgekommen sind, haben nicht mal das grösste Grinsen im Gesicht! Nein die Jungs die uns geholfen haben, sind so stolz darauf, dass das Strahlen, die langsam eindunkelnde Nacht überstrahlte. Schnell nochmals die ganze Aktion durchdiskutiert, Fotos werden geschossen und dann heisst es, sich veraschieden. Doch wir warten erst noch bis sie draussen sind. Nicht dass wir wegfahren und die Drei dann steckenbleiben. Mit viel Anlauf flitzen die drei mit ihrem Pickup über den weichen Untergrund, wir hinterher, und endlich… ENDLICH!… nach sieben Stunden geht es für uns weiter! Nur noch ein Schlafplatz finden damit wir uns nach den Strapazen ausruhen können.

RUTA 40, DU HAST UNS NICHT GEKRIEGT!

Hier noch der Film dazu. Viel Spass! 🙂

Comments 8

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      Danke Oli! Ja das war wirklich so, die drei Jungs sind für mich Helden. Eine 50:50 Chance dass sie auch einsinken, doch da wird nicht gross überlegt. Hilfe leisten steht an erster Stelle. Ein unglaubliches Erlebnis für uns!

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